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  • Marie-Charlotte

Warum Superhelden schlechte Vorbilder sind

Superhelden stressen total. Denn wo sie auftauchen, herrscht Chaos und Gefahr. Oder kennst Du eine Superheldengeschichte, in der zwei Helden einfach mal angeln gehen oder ein Superheld empfiehlt, die kleinen Dinge des Lebens zu genießen? Nein, bei Superhelden ist alles immer ein Kampf. Es geht um Alles oder Nichts. Ihr Verhalten mag im Film heroisch sein, ist für uns und unseren Alltag aber total überzogen. Als Vorbilder sind sie daher eher ungeeignet. Oder möchtest Du jedes Mal wie Hulk aus der Hose springen, wenn Dich jemand ärgert?



Versteh mich nicht falsch. Ich bin total für Helden und Menschen, die uns ermutigen, einen Schritt aus unserer Komfortzone zu treten. In meinen Coachings gebe ich meinen Klienten z.B. den Held des Alltags an die Hand, eine Art Vorbild für alltägliche Situationen. Der Held des Alltags kann ein realer Mensch aus dem eigenen Umfeld sein, eine öffentliche Person oder auch eine Comicfigur. Dieser Held kennt keine Superkräfte. Er hat vielleicht sogar selbst Probleme, was ihn nahbar und nacheiferbar macht. Denn er besitzt Fähigkeiten, mit denen er diese Probleme bewältigen kann. Fähigkeiten, bei denen Du denkst „Das kann ich auch! Oder ich möchte es zumindest mal ausprobieren!“. Je nachdem ist es auch hilfreich für unterschiedliche schwierige Situationen auch unterschiedliche Heldenvorbilder zu haben. Ein kleines Heldenteam sozusagen. Wie wäre zum Beispiel die Biene Maja, die unbeschwert durch den Alltag summt und neugierig auf alle Lebewesen zugeht, wenn es um eine lockerere Lebenseinstellung geht?

Mein Pferd Goldie ist für meine Klienten ein Held des Alltags, wenn es darum geht, den Umgang mit vermeintlicher Ablehnung zu trainieren. Bestimmt kennst Du die Situation: Du fragst jemanden nach einer gemeinsamen Unternehmung, Mittagspause, Kino oder was trinken gehen und der andere sagt NEIN. Womöglich fühlst Du Dich jetzt zurückgewiesen, nicht gut genug und nicht gemocht und ziehst Dich gekränkt und beleidigt in Dein Schneckenhaus zurück. Noch einmal fragen kommt nicht in Frage und womöglich erinnert Dich diese Absage noch an andere Situationen aus Deinem Leben: „Ach ja, XY wollte damals auch nicht mit mir ….“, „Und dann war da noch …“. Du gerätst aus einer aktuellen Situation in ein Gedankenkarussell, das in seiner Intensität nichts mehr mit der Realität zu tun hat. Ähnlich wie in Superheldengeschichten ein Thema so auf die Spitzte getrieben wird, dass es nichts mehr mit unserem Alltag zu tun hat.



Im Coaching gehe ich mit Dir zu Goldie auf die Weide und wir beobachten einmal seinen Umgang mit einem NEIN. Du hast von mir die Aufgabe bekommen, Deinen eigenen Raum zu halten. D.h. wenn Goldie auf Dich zukommt, stoppst Du ihn spätestens auf Armeslänge. Wenn er diese Grenze übertritt, musst Du ihn zurückschicken. Das mag Dir schwer fallen, wenn Du Dein eigenes Thema mit Zurückweisung hast. Und wenn Du es trotzdem ausprobierst, wirst Du folgendes beobachten. Goldie akzeptiert Dein NEIN und weicht zurück. Je nachdem mit welcher Energie Du Deine Grenze verteidigst, geht er vielleicht sogar noch ein paar Schritte weiter weg. Dann bleibt er stehen und beobachtet. Er nimmt Dir Dein NEIN nicht krumm und kann völlig neutral sehen, dass Du gerade ein anderes Bedürfnis hast als er. Das ist in Ordnung. Und das hat nichts mit ihm zu tun. Da das NEIN eine Momentaufnahme war, wird er nach ein paar Minuten vielleicht erneut anfragen, ob jetzt vielleicht ein besserer Zeitpunkt ist. Er bricht sich keinen Zacken aus der Krone, indem er sein Bedürfnis nach Zeit mit Dir zeigt.



Das mag sich jetzt für Dich nach einer netten Geschichte anhören. Und Du sagst vielleicht „Na ja, er ist halt ein Pferd, klar reagiert der anders.“. Das verstehe ich gut, denn so ging es schon vielen vor Dir, die die Begegnung mit Pferden auf dieser Ebene noch nicht erlebt haben. Aus dem Feedback der Coaching Teilnehmer kann ich Dir versichern, dass es Dich noch einmal ganz anders trifft, wenn Du diese Interaktion selbst erlebst. Wenn Du erwartest, dass Goldie sich gekränkt und verletzt zurückzieht, Du aber stattdessen seine Neutralität zu dieser Situation erlebst. Zu spüren wie es ist, wenn jemand das Nein nicht persönlich nimmt und wie viel Freiraum dadurch entstehen kann. Für beide Seiten.



Ja, es gibt Situationen, in denen wir ganz real abgelehnt werden, in der Liebe wie im Beruf. Wenn wir uns verliebt haben, der andere aber nicht. Wenn der andere Kandidat den Job bekommt und wir nicht. Das ist traurig, manchmal herzzerreißend und auch frustrierend. Aber vielleicht kannst Du Dir bei der nächsten Zurückweisung Goldie als Held des Alltags an Deine Seite holen. Lass Dich von ihm erinnern, die Zurückweisung ganz neutral und situationsbedingt zu betrachten. Lass Dich nicht von diesem einen Moment aufhalten. Denn was in diesem Moment gilt, kann in einem anderen Moment, bei einem anderen Menschen oder einem anderen Job schon wieder ganz anders sein. Meine Klienten haben für solche schwierige Situationen einen kleinen bemalten Stein in der Hosentaschen. Damit sie sich auch während des Tages immer wieder an das Heldenexperiment erinnern und sich fragen: Wie würde mein Held des Alltags mit dieser Situation umgehen? Was würde er tun oder sagen? Was würde er mir raten?


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